Datenschützer: Schufa verstößt gegen Datenschutz-Verordnung

VonJudith Eichhorn

16. Februar 2024

Wien/Wiesbaden (dpa) – Die europäische Datenschutz-Organisation Noyb hat rechtliche Schritte gegen die Wirtschaftsauskunftei Schufa eingeleitet.

In einer Beschwerde beim für die Schufa zuständigen Hessischen Datenschutzbeauftragten erhebt der Verein, hinter dem der Aktivist Max Schrems steht, den Vorwurf, dass das Unternehmen entgegen den Bestimmungen der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) den Verbrauchern bei der kostenlosen Selbstauskunft bestimmte Daten vorenthalte. Diese Daten würden nur über eine kostenpflichtige «Bonitätsauskunft» für knapp 30 Euro zur Verfügung gestellt, obwohl die Verbraucherinnen und Verbraucher eigentlich einen gesetzlichen Anspruch auf eine vollständige Gratiskopie hätten. Die Schufa wies die Vorwürfe zurück.

Bei der als «Datenkopie» bezeichneten DSGVO-Selbstauskunft teilt die Schufa auf Anfrage einen «Basisscore» mit. Bei der kostenpflichtigen «Bonitätsauskunft» werden dagegen insgesamt sechs verschiedene «Branchenscores» ausgewiesen. Noyb erklärte, damit stelle die Schufa keine vollständige Datenkopie bereit, wie sie im Artikel 15 der Verordnung vorgeschrieben sei.

Noyb: Leidtragende sind vor allem Wohnungssuchende

Die Datenschutz-Aktivisten stören sich zudem daran, dass die Schufa sich für die Ausstellung der DSGVO-Selbstauskunft deutlich mehr Zeit nimmt als für die «Bonitätsauskunft». Bei Testbestellungen sei die bezahlpflichtige «Bonitätsauskunft» nach fünf Tagen im Briefkasten gewesen. Die kostenlose Selbstauskunft traf dagegen erst eine Woche später ein.

Leidtragende der Geschäftspraktiken sind nach Darstellung von Noyb vor allem Wohnungssuchende. Die Schufa mache die kostenlose Selbstauskunft auch in Suchmaschinen wie Google schwer auffindbar und werbe stattdessen für ihr bezahlpflichtiges Produkt mit dem Versprechen eines «Vorteils am Wohnungsmarkt». Einen transparenten Hinweis auf die kostenlose Auskunft nach Artikel 15 DSGVO suche man vergeblich.

Schufa: Gehen über gesetzliche Pflichten hinaus

Die Schufa erklärte, man stelle in der Datenkopie nicht nur die gesetzlich geforderten Informationen zur Verfügung, sondern gehe sogar darüber hinaus. Obwohl es zurzeit keine gesetzliche Verpflichtung gebe, stelle man Scorewerte zur Verfügung, weil man den Verbraucherinnen und Verbrauchern mehr Transparenz bieten möchte. Die Scores in der «BonitätsAuskunft» würden individuell berechnet und dienten der persönlichen Einschätzung der Bonität. «Die Werte werden im Rahmen der Bestellung des Produktes für die anfragende Person berechnet und nicht gespeichert. Wenn Scores für Unternehmen innerhalb der vergangenen 12 Monate berechnet und übermittelt wurden, werden sie auf der kostenlosen Datenkopie ausgewiesen.»

Auch den Vorwurf, die Datenkopie nach Artikel 15 DSGVO würde später zur Verfügung gestellt als kostenpflichtige Informationsprodukte, wies die Schufa zurück. Die Bearbeitungsdauer für die kostenlose Datenkopie liege im Durchschnitt zwischen vier und sieben Tagen – je nach Anfragevolumen. Zudem könne in manchen Fällen eine genauere Identitätsprüfung erforderlich sein, die mehr Zeit in Anspruch nehme. «Wir erstellen die Auskunft im Rahmen der gesetzlichen Frist, die maximal einen Monat umfasst.»

Mieterbund: Vermieter dürfen nicht unbegrenzt Auskünfte verlangen

Der Deutsche Mieterverbund verwies darauf, dass viele Mietinteressenten insbesondere in großen und nachgefragten Städten geradezu genötigt würden, umfassende Auskunft über sich zu erteilen. «Um die Bonität des Mieters überprüfen zu können, verlangen Vermieter häufig die Vorlage einer Schufa-Auskunft, einer Selbstauskunft und einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung», sagte eine Sprecherin. Auch wenn der Vermieter darauf keinen Anspruch habe, hätten Mieter oft keine andere Wahl, als die Unterlagen vorzulegen.

Zu den konkreten Vorwürfen von Noyb gegen die Schufa wollte der Mieterbund nicht Stellung nehmen. Er verwies aber darauf, dass Vermieter nicht unbegrenzt Auskünfte verlangen dürften. «Der Mieter ist nur verpflichtet, wahrheitsgemäß auf solche Fragen zu antworten, die in direktem Zusammenhang mit dem Mietvertrag stehen.»

Erkundige sich der potenzielle Vermieter nach dem Nettoeinkommen, dem Arbeitsverhältnis oder der Zahl der Haushaltsmitglieder, sollte der Mieter die Fragen wahrheitsgemäß beantworten. Persönliche Fragen beispielsweise nach der Religion, einer bestehenden Krankheit, Vorlieben und Hobbys, einer Parteimitgliedschaft oder einer Schwangerschaft müssten dagegen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden.

Quellen: Mit Material der dpa.

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