Im Ukraine-Konflikt kursieren regelmäßig offizielle Verlustzahlen beider Seiten. Stand September 2024 sind demnach auf beiden Seiten eine Million Tote und Verletze zu verzeichnen. Diese Zahlen stammen zwar von den jeweiligen Regierungen, können jedoch nicht unabhängig überprüft werden. Warum wir sie als Nachrichtenanbieter trotzdem veröffentlichen und was man an ihnen ablesen kann, erklären wir hier.
Experten zweifeln an Glaubwürdigkeit der Zahlen
Experten zweifeln an der Glaubwürdigkeit dieser Angaben und vermuten, dass sie oft übertrieben oder sogar falsch sind. „Zwischen den von der Ukraine und von Russland veröffentlichten Zahlen zu gefallenen Soldaten liegt eine solche Diskrepanz, dass es klar ist, dass beide Seiten übertreiben bzw. verheimlichen“, sagt der Historiker Christian Hardinghaus in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau.
Veröffentlichte Daten: Herkunft und Absicht hinterfragen
Analysten wie Gustav Gressel vom European Council on Foreign Affairs (ECFR) und Plattformen wie Oryx argumentieren, dass die tatsächlichen Verluste häufig weit von den gemeldeten Zahlen abweichen (siehe Tagesschau). Auch andere Websites wie Liveuamap und Warspotting dokumentieren unabhängig die Verluste auf beiden Seiten anhand von offenen Quellen. Leser sollten all diese Informationen mit Vorsicht genießen, da unterschiedliche Quellen oft widersprüchliche Angaben machen. Es ist wichtig, die Herkunft und die Intentionen hinter den veröffentlichten Zahlen zu hinterfragen.
Zahlen dienen als wichtiger Hinweisgeber
Trotz der Unsicherheiten veröffentlichen wir diese Zahlen, um einen Überblick über die verschiedenen Angaben zu bieten. Diese Daten sind der einzige und damit der wichtigste Hinweisgeber. Dabei kennzeichnen wir sie klar als unbestätigte Informationen und setzen uns sehr kritisch mit den einzig verfügbaren Daten auseinander.
Folgend die wichtigsten Hinweise, die uns die Daten liefern können, im Überblick:
- Hinweise auf Ausmaß der Kämpfe: Obwohl die absoluten Zahlen möglicherweise übertrieben oder ungenau sind, können sie Hinweise auf die Intensität und das Ausmaß der Kämpfe liefern. Daher ist möglicherweise ein relativer Vergleich abzulesen: Zum Beispiel, wenn eine Seite regelmäßig höhere Verluste meldet, könnte das auf schwerere Kämpfe oder größere militärische Operationen in bestimmten Gebieten hinweisen.
- Hinweise auf Verlauf der Kämpfe: Da es die einzigen veröffentlichten Daten zum Konflikt-Geschehen sind, sind sie wichtiger Hinweisgeber auf den Verlauf des Geschehens. Veränderungen in den gemeldeten Verlustzahlen können Aufschluss über den Verlauf der Kämpfe geben. Wenn die Verluste plötzlich steigen, könnte das auf eine neue Offensive oder intensivere Kämpfe hindeuten.
- Hinweise auf Propagandazwecke: Die Art und Weise, wie die Zahlen präsentiert werden, kann auch auf die propagandistischen Ziele der jeweiligen Regierungen hinweisen. Eine hohe Zahl der Verluste des Gegners könnte verwendet werden, um eigene militärische Erfolge zu unterstreichen, während niedrige eigene Verluste das Bild einer erfolgreichen und überlegenen Armee zeichnen sollen.
- Hinweise auf psychologische Kriegsführung: Experten wie Lawrence Freedman, emeritierter Professor für Kriegsstudien am King’s College London, weisen darauf hin, dass solche Zahlen oft dazu dienen, die Moral des Gegners zu schwächen und die eigene Bevölkerung zu mobilisieren. Die Zahlen seien weniger als genaue Berichterstattung zu sehen, sondern eher als Teil der psychologischen Kriegsführung.
Fazit: Was nutzen die Verlustzahlen?
Zusammengefasst: Auch wenn die Zahlen nicht unbedingt verlässlich sind, können sie dennoch indirekt Hinweise auf die Intensität der Kämpfe, den Verlauf der militärischen Operationen und die Propagandastrategien der Konfliktparteien geben. Experten analysieren diese Daten daher oft im Kontext und in Verbindung mit anderen Informationen, um ein vollständigeres Bild der Lage zu gewinnen. Quellen und weiterführende Informationen zu diesem Info-Text sind hier zu finden.