Experte für Suizidprävention: Niedrigschwellige Angebote stärken

VonC. Peters

15. September 2023

Berlin (KNA)Bei der Suizidprävention sollten nach den Worten des Würzburger Psychiaters Armin Schmidtke vor allem niedrigschwellige Angebote gestärkt werden. Als Beispiel nannte er eine bundesweit einheitliche Telefonnummer oder Ansprechpartner in Schulen. Schmidtke, der Mitglied im Netzwerk Nationales Suizidpräventionsprogramm ist, äußerte sich am Freitag in Berlin anlässlich einer Fachtagung des Bundesverbandes Lebensrecht zu assistiertem Suizid und Euthanasie.

Schmidtke forderte auch eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle für Deutschland, die unterschiedliche Angebote der Prävention koordiniert. Ansonsten drohten die Vorschläge im Sande zu verlaufen. Die notwendigen Maßnahmen reichten von der Sozialgesetzgebung bis zu Vorgaben im Baurecht. Die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle, Cornelia Kaminski, forderte vom Bundestag, entsprechende Mittel im Haushalt bereit zu stellen. Dies sei offenbar bislang nicht der Fall.

Gefährdet vor allem ältere Frauen

Der Bundesverband Lebensrecht, ein Zusammenschluss von 15 Organisationen, veranstaltet an diesem Samstag in Berlin und Köln Märsche für das Leben. Dabei geht es auch um das Thema assistierter Suizid und Euthanasie. Schmidtke warnte vor einer Mentalität, bei der die Beihilfe zur Selbsttötung zur Normalität werde. In Deutschland seien vor allem ältere Frauen in schwierigen Lebensverhältnissen gefährdet.

Alex Schadenberg, Geschäftsführer der kanadischen Koalition für Suizidprävention, warnte bei der Tagung vor einer abschüssigen Ebene. Als Folge einer zunehmend liberaleren Gesetzgebung sei der Anteil der Suizide an den Todesursachen im vergangenen Jahr in der kanadischen Provinz Quebec auf 6,1 Prozent gestiegen. Damit liege Quebec in dieser Hinsicht noch vor den Niederlanden oder Belgien. In Victoria, die Hauptstadt von British Columbia, habe der Anteil inzwischen zehn Prozent erreicht. Schadenberg berichtete von vielen Fällen, bei denen sich Menschen aus sozialen Gründen zum Suizid genötigt sahen. Für Aufsehen hätten ferner Berichte gesorgt, wonach das Amt für Kriegsveteranen versehrten Soldaten nahegelegt habe, einen Suizid in Erwägung zu ziehen.

Der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms, Reinhard Lindner, hatte mit Blick auf die laufenden Haushaltsverhandlungen beklagt, dass die erwogenen 800.000 Euro nicht ausreichten, um bestehende Angebote zu sichern und miteinander zu vernetzen. Derzeit arbeitet das Bundesgesundheitsministerium nach Angaben von Minister Karl Lauterbach (SPD) an einer Nationalen Suizidpräventionsstrategie. Der Bundestag hatte im Juli mit großer Mehrheit in einem Entschließungsantrag die Bundesregierung aufgefordert, bis zum 30. Juni 2024 dem Bundestag einen Gesetzentwurf und eine Strategie für Suizidprävention vorzulegen.

Advertisement