Bätzing: Große Enttäuschung über Hengsbach

VonC. Peters

25. September 2023

Essen/Wiesbaden/Berlin (KNA)Die Enthüllungen über den früheren Essener Kardinal Franz Hengsbach schlagen weiter hohe Wellen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sieht die katholische Kirche durch die Missbrauchsvorwürfe gegen den Bischof insgesamt in einer sehr schwierigen Situation. Unterdessen wurde die Hengsbach-Skulptur am Essener Dom abgebaut.

Dass gegen den Kardinal konkrete Verdachtsfälle wegen sexuellen Missbrauchs vorlägen, habe eine neue Qualität, sagte Bätzing am Montag in Wiesbaden zum Auftakt der Herbstvollversammlung der Bischöfe. Hengsbach (1910-1991) sei für Generationen von Katholiken eine wichtige Persönlichkeit gewesen. Für diese Menschen seien die neuen Nachrichten eine riesige Enttäuschung.

„Vertuschungsstrategie der Kirche“

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zeigte sich betroffen. „Die mutmaßlichen Taten und die abermals dokumentierte Vertuschungsstrategie der Kirche zerstören Reste an Vertrauen“, erklärte ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp am Montag in Berlin. „Wieder entsteht der Eindruck, dass nicht die Betroffenen, sondern die Täter geschützt wurden.“

Stetter-Karp wies darauf hin, dass Hengsabch 1947 bis 1953 Generalsekretär des ZdK und danach bis 1968 dessen bischöflicher Generalassistent war. Nach einer ersten Überprüfung des ZdK-Archivs seien allerdings keine Hinweise gefunden worden, dass das Katholikenkomitee wegen Missbrauchsvorwürfen rund um Hengsbach kontaktiert wurde.

Übergriffe Hengsbachs gemeldet

Die Bistümer Essen und Paderborn hatten vorige Woche die Vorwürfe gegen den Kardinal öffentlich gemacht. Danach meldete eine Person im Oktober 2022 einen Übergriff Hengsbachs im Jahr 1967. Eine weitere Anschuldigung von 2011 bezieht sich auf Hengsbachs Zeit als Weihbischof in Paderborn. Eine Frau wirft ihm und dessen Bruder Paul, ebenfalls Priester, vor, sie 1954 als 16-Jährige missbraucht zu haben. Das Erzbistum Paderborn und der Vatikan stuften den Fall zunächst als nicht plausibel ein. Im Zuge der jüngsten Nachforschungen wurde die Anschuldigung noch einmal geprüft und als glaubwürdig bewertet.

Der Kölner Staatsrechtler Stephan Rixen bekräftigte vor diesem Hintergrund seine Forderung nach einer externen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche. „Es kann nicht sein, dass die Fakten mehr als zehn Jahre vorliegen, aber kirchenintern weggeredet und weggeschlossen werden“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag). Wenn man Institutionen wie Kirchen oder Sportverbänden die Aufarbeitung allein überlasse, sei die Gefahr des Selbstschutzes enorm. „Es darf am Ende nicht vom guten Willen einzelner Funktionäre abhängen, ob Aufarbeitung gelingt oder nicht.“

Weitere Betroffene

Unterdessen teilte der aktuelle Essener Bischof Franz-Josef Overbeck mit, dass sich nach der der Veröffentlichung der Missbrauchsvorwürfe weitere Betroffene gemeldet hätten. „Aber ich weiß noch nicht, wie viele“, sagte er am Sonntagabend in der WDR-Sendung „Aktuelle Stunde“. Auch ein Bistumssprecher nannte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) keine konkreten Zahlen.

Am frühen Montagmorgen wurde die von der Münsteraner Bildhauerin Silke Rehberg geschaffene Hengsbach-Statue am Essener Dom entfernt. Das Domkapitel hatte erst am Freitag in einer Sondersitzung die Beseitigung beschlossen.

Rehberg bedauerte den Abbau der Skulptur als voreilig. Das Domkapitel habe auf Druck eine einsame Entscheidung getroffen, in die sie leider nicht einbezogen worden sei, sagte sie am Montag auf KNA-Anfrage. Zunächst hätte ein breite Diskussion darüber stattfinden sollen, wie man mit der Figur weiter hätte umgehen können. „Aus den Augen, aus dem Sinn“ sei dagegen ein „sehr schwaches Zeichen“. Rehberg hatte vorige Woche vorgeschlagen, die Statue auf den Kopf zu stellen, da sich auch das Bild von Hengsbach ins Gegenteil verkehrt habe.

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