Leipzig (dpa) – In Leipzig hat die Polizei bis in die frühen Morgenstunden Demonstranten eingekesselt. Das teilte ein Sprecher der Leipziger Polizei am Sonntagmorgen mit. Am Samstagabend hatte die Polizei begonnen, Personalien aufzunehmen. Insgesamt seien schätzungsweise 500 Menschen eingekesselt worden, hieß es. Um Identitäten festzustellen, seien auch Demonstranten mit auf die Polizeiwache gebracht worden.
Nach der Demonstration hat ein Haftrichter bis zum Abend fünf Haftbefehle erlassen. Das teilte eine Sprecherin der Polizei am Samstagabend auf Anfrage mit. Betroffen seien fünf Männer im Alter zwischen 20 und 32 Jahren. Sie hatten an der Demonstration am Alexis-Schumann-Platz teilgenommen. Nach Angaben der Sprecherin wird ihnen Landfriedensbruch vorgeworfen.
In Leipzig hat es am Samstag nach dem Urteil gegen Lina E. wegen linksextremistischer Gewalttaten erneut Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gegeben. Bei einer Demonstration am Alexis-Schumann-Platz gab es Böllerschüsse, Steine, Flaschen und ein Brandsatz wurden auf Polizisten geworfen.
Mehrere Beamte wurden verletzt
Rund 1500 Teilnehmer hatten sich laut Polizei am Samstagnachmittag zu der Demonstration versammelt, davon nach diesen Angaben ein Drittel gewaltbereite. Angemeldet waren 100 Demonstranten. Die Versammlung blieb zunächst friedlich, eskalierte dann aber. Mehrere Beamte seien von Steinen und anderen Wurfgeschossen getroffen und verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend. Zur genauen Zahl der verletzten Beamten machte die Polizei zunächst keine Angaben.
«Die Lage auf der Karl-Liebknecht-Straße wird unfriedlich. Unsere Kräfte werden immer wieder attackiert und mit Steinen/Pyrotechnik beworfen», schrieb die Polizei am Samstagabend bei Twitter. Man appelliere an alle Personen dort, sich von Straftätern zu distanzieren und friedlich zu verhalten. «Unbeteiligte werden gebeten, den Bereich zu verlassen bzw. zu meiden.»
In linken Kreisen war bundesweit für die Demonstration am Samstag mobilisiert worden. Anlass ist das Urteil gegen Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis, bei denen mehrere Menschen teils schwer verletzt worden waren. Die 28-Jährige war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.
Bis zum Nachmittag war die Lage zunächst friedlich geblieben. Trotz des endgültigen Verbots einer großen «Tag X»-Demonstration der linksradikalen Szene war die Polizei mit einem Großaufgebot in der Stadt präsent. Zudem fanden in der Stadt das Sachsenpokal-Finale, das Stadtfest sowie ein Konzert von Herbert Grönemeyer statt. An Zufahrtswegen in die Stadt sowie am Bahnhof gab es den ganzen Tag Kontrollstellen. Am frühen Samstagnachmittag brannten mehrere Fahrzeuge und Mülltonnen.
Eilantrag in Karlsruhe erfolglos
Die «Tag X»-Demo sollte eigentlich am Samstag um 17.00 Uhr in der Wolfgang-Heinze-Straße stattfinden. Die Stadt hatte diese jedoch verboten. Das Verbot war sowohl vom Verwaltungsgericht Leipzig als auch vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht bestätigt worden. Auch eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht blieb erfolglos. Sie wurde nicht zur Entscheidung angenommen.
Nach den Krawallen gab es Kritik der Linken am Vorgehen der Polizei. Ihr Parlamentsgeschäftsführer im sächsischen Landtag, Marco Böhme, warf der Polizei bei Twitter vor, sie habe die Lage durch das «faktische Verbot» eskalieren lassen. Die Linken-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz kritisierte die Entscheidung, die Demonstranten nicht laufen zu lassen. «Deeskalation sieht anders», so die Politikerin bei Twitter. Das linksgerichtete Bündnis «Dresden Nazifrei» bezeichnete das Auftreten der Polizei als «martialisch».
Der CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Fischer verteidigte den Einsatz: «Das Gewaltmonopol liegt beim Staat! Wer Gewalt ausübt, spürt die Konsequenzen», so der Politiker via Twitter. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, der mit Innenminister Armin Schuster (beide CDU) am Nachmittag das Lagezentrum besucht hatte, dankte der Polizei für ihren Einsatz. «Das Ziel ist Menschen und Sachwerte zu beschützen und Gewalttäter festzunehmen», erklärte der CDU-Politiker via Twitter.
Brennende Barrikaden
Bereits am Freitagabend hatte es in Connewitz Randale gegeben. Vermummte hatten Polizisten angegriffen. Nach dem zunächst friedlichen Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz im Stadtteil Connewitz wurden aus einer Menge von bis zu 700 Vermummten heraus Steine geworfen und Pyrotechnik gezündet. Sowohl dort als auch in Nebenstraßen brannten Barrikaden aus Mülltonnen und Baustellenabsperrungen. Die Polizei setzte Tränengas ein und wurde nach eigenen Angaben von Hausdächern mit Gegenständen beworfen.
Die meisten brennenden Barrikaden waren kurz nach Mitternacht gelöscht, teils mit Hilfe von Wasserwerfern. Nach ersten Erkenntnissen wurden 23 Beamte verletzt. Einer von ihnen wurde im Krankenhaus behandelt. Ein Journalist wurde den Angaben zufolge von einer unbekannten Person attackiert und leicht verletzt. 17 Einsatzfahrzeuge der Polizei wurden beschädigt. Acht Fahrzeuge waren in Brand gesetzt worden, darunter auch Autos von Anwohnern, hieß es.
An einer Bankfiliale wurde Schaden «in hoher fünfstelliger Summe» verursacht, wie die Polizei mitteilte. Ermittelt wird unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs. Den Angaben zufolge wurden fünf Tatverdächtige festgenommen, drei Menschen kamen in Gewahrsam.